Nicht mal der Finanzminister wagt in Deutschland die Wahrheit auszusprechen. Dafür fährt er dann in die Schweiz, wo – wie Lindner noch aus der Schule weiß – „der Tell den Gessler-Hut nicht gegrüßt hat“. (Der Gessler-Hut steht für die Erzwingung untertänigen Verhaltens, im letzten Jahr beispielsweise für „Maske auf“ und „Arm frei zum Spritzen!“.)
Lindner war zu einem Vortrag („Ist Finanzpolitik heute noch Ordnungspolitik?“) in die Schweiz mit ihrer „freisinnigen Gesellschaft“ gereist, und er begann seine Rede, als stünde er vor einem Schweizer Asylausschuss: „Nachdem die politischen Realitäten mich zwingen, mit Sozialdemokraten und Grünen zu regieren, freue ich mich, die Luft der Freiheit zu atmen.“
Da stand er nun, der arme Tor, gezwungen von den politischen Realitäten und wohl auch von pekuniären Notwendigkeiten, aber wenigstens ist er finanziell besser aufgestellt als zuvor, denn ab Mitte Dezember hat er seine ministeriellen Altersbezüge sicher. Damit könnten sich auch die politischen Realitäten ändern.
Übrigens: Gemüse-Cem hätte im Falle des Endes der Fortschrittskoalition in Berlin als Erbe von Waschlappen-Winfried in Ze Länd eine Anschlussverwendung.
So oder so, wir freuen uns schon auf den Dezember, denn dann fliegen wieder die Löcher aus dem Käse und dann geht sie los, die SPD-Polonäse: Die Spezialdemokraten wählen eine neue Parteiführung, Einzelherren unerwünscht, nur mindestens zweigeschlechtliche Paare (also eine Frau plus X) dürfen antreten.
Ist es wirklich schon vier Jahre her, dass sich der eitle Karl die Fliege umband und zum Tanzwettbewerb mit einer längst vergessenen Genossin antrat? Lässt sich Ralf Stegner von einer erneuten Kandidatur abhalten? Bringt er wieder Gesine Schwan mit? Offenbar gibt es dieses Mal leider nicht den berühmten Paarlauf mit Mottoshows, wo am Ende alle SPD-Mitglieder ihr Votum abgeben konnten. Hat RTL interveniert, das um den Unterhaltungswert seiner eigenen Shows fürchtet?
Stattdessen soll es ein spröder Parteitag richten. Das Erfolgsteam um Saskia Antifa Esken und Turnschuh-Lars Klingbeil will, dass alles beim Alten bleibt, Kevin Generalsekretär, fünf Vize-Vorsitzende, alle sollen kurz und schmerzlos im Amt bestätigt werden. Verständlich, die Posten sind gut dotiert, und die Partei steht ja auch bombig da.
So richtig springt niemand auf die Räuberpistole vom Relotius-Spiegel an (wieder mal im Huckepack mit der einschlägig bekannten Washington Post), derzufolge ein ehemaliger Ukraine-Oberst Tscherwinski die Nordstream-Pipelines gesprengt haben soll. Der Geheimdienstler, der ein wenig so aussieht wie Bayern-Trainer Tuchel nach dem 0:4 gegen Saarbrücken, soll laut Spiegel „Koordinator“ des Angriffs auf die deutsche Energieversorgung gewesen sein.
Und noch so ein Spiegel-Rohrkrepierer: Ein Wanderwitz namens Marco, nä, andersrum, ein Marco namens Wanderwitz, ist anscheinend der Kronzeuge der letzten Spiegel-Titelgeschichte über ein notwendiges AfD-Parteiverbot.
Auch die vermeintliche Wunderwaffe gegen die AfD, Sahra Wagenknecht, hat wohl eher die eigene Zukunft im Blick als die der Fortschrittskoalitionen in Bund und Ländern. So scheint Sahra eher Spitzenkandidatin für die Europawahl werden zu wollen als für Rot-Schwarz-Grün in Allemannda auf die Barrikaden zu klettern. Den Job (Sperrklausel bei zwei Prozent) dürfte sie sicher haben, und dann ist sie erst mal weg. Parteichefin? Lass das mal die Amira machen. Das BSW wird dann zu einem BAMA, einem Bündnis Amira Mohamed Ali, und Aus die Maus.