Kabarettist Jürgen Becker fordert bei Maischberger die Impfpflicht für alle, er liebe die Freiheit, hat aber einen Freiheitsbegriff wie Söder. Immer begeisterter purzelten die Worte: etwa „Verbote schaffen Freiheit“.
Wenn Sie diese Zeilen lesen, haben wir den 11.11., den offiziellen Beginn der närrischen Saison, und da wird es niemanden verwundern, dass natürlich Karl Lauterbach wieder einmal unter den Gästen war. Der Mann, dem übrigens aus unerklärlichen Gründen Helene Fischer bei „Wetten dass…?“ als Stargast vorgezogen wurde, obwohl wir doch eigentlich inzwischen das ganze Jahr Karneval haben.
Bevor wir zum traurigen Teil kommen – Corona –, wollen wir uns den schönen Momenten zuwenden.
Die „FAZ“-Parlamentskorrespondentin Helene Bubrowski hatte wohl noch kurz vor der Sendung das Gras wachsen hören und konnte den Zuschauern mit liberalem Hintergrund die Botschaft überbringen, die Finanzministerfrage sei geklärt, Lindner wird’s. Auch am Innenministerium hätten die Grünen kein Interesse, was für jeden nachvollziehbar ist, der ein bisschen in die Zukunft gucken kann. Damit hätten die Grünen, auch wenn sie 5 Ministerien herausgehandelt haben, die Chance verpasst, „politischer Vollsortimenter“ zu werden. Herrliche Formulierung. Die SPD, erfuhren wir nebenbei, wolle so wenige Inhalte wie möglich schriftlich niederlegen, „damit sie danach freie Hand hätten“. So kennt man sie seit alters her, die Genossen.
War es Helene Bubrowski von der FAZ oder Melanie Amann vom Spiegel, die sagte, das Außenministerium ginge an Annalena Baerbock? Egal, der Ruf ist eh ruiniert, und die Hauptsache: Heiko Maas ist weg! Hier hätten wir einen Tusch gesetzt.
Mit Jürgen Becker saß ein echter Vollblut-Kabarettist am Tisch, der witziger ist als alles, was die Öffentlich-Rechtlichen sonst so auf dem Schirm haben. Beim dusseligen Gewinner-Verlierer-Intro benahmte er in breitem rheinisch, Frau Esken sei für ihn die Gewinnerin, eine Frau ohne Chance, „wenn sie den Mund aufmacht, hat die Partei gleich 3% weniger“, mit schaurigem Dialekt – und trotzdem Chefin? Ich gratuliere! Der Verlierer ist deshalb natürlich die SPD, die mit ihr zurecht kommen muss. Wieder Tusch.
Auch seine Analyse des politischen Vollsortimenters CDU, inzwischen eher ein Inhalte-Discounter, war punktgenauer als alles, was Tagesthemen-Kommentatoren so von sich geben. Die CDU, so der Witzbold, „verlor nicht an die Sozialdemokraten, sondern an die Bestatter“. Deshalb wäre ein „Wahlrecht für Verstorbene“ deren Rettung (Gaudi im Publikum). Da bekäme das Wort „Wahlurne“ eine neue Bedeutung. Auch Fritz Merz, der „es“ nach Meinung der Damen „wird“, beschrieb Becker auf den Punkt: „Der Merz ist wie ein Toast Hawaii, altmodisch, kann man aber noch essen.“ Guten Appetit. Aber da müsse die CDU jetzt wohl durch, befand Bubrowski von der FAZ.
Vielleicht liegt es ja am Ying Yang oder Kling Klong, dass ein humorvoller Mann durchaus auch ein recht böser sein kann, denn bei Corona war Becker so spaßig wie ein Stasi-Offizier. Nullinger. Der rote Becker will einen „Staat, der Staat ist“, gegen die „Tyrannei der Impfgegner“; er fordert kompromisslos die Impfpflicht für alle, er liebe zwar die Freiheit, hat aber einen Freiheitsbegriff wie Söder. Immer begeisterter purzelte ein Wort nach dem anderen: etwa „Verbote schaffen Freiheit“, „Es ist einfach toll, wenn Sachen verboten werden. Verbote sind die neue Freiheit.“ Da waren selbst die Damen erschrocken, fragten sich, ob dann Aiwanger von den Freien Wählern in Beugehaft müsse, man einigte sich dann aber auf die bereits betriebene Nötigung.
Karl Lauterbach saß im „Streitgespräch“ mit Christine Aschenberg-Dugnus, der gesundheitspolitischen Sprecherin der FDP-Fraktion und sah ein bisschen mitgenommen aus. Talkshowtouren auf Hochfrequenz, dann noch in Corona-Zeiten, und man wird ja auch nicht jünger. 2G oder 3G, drinnen oder draußen, wurde durchdekliniert, und auf die, wie wir finden, etwas trotzige Frage: Mehr Inzidenz, mehr Tote – trotz Impfung? hatte Karl als Antwort seine eigene Berechnung dabei: Delta ist 6 x so ansteckend wie Alpha, aber 1/3 ist nicht geimpft, macht zusammen „Katastrophe“. Außerdem sei der Impfschutzverlust größer als die Neuimpfungen. Festlegen wie Corona-Kumpel Drosten, der auf 100.000 Tote kam, will er sich aber nicht.
Frau Aschenberg-Dugnus freute sich, dass §28 a (Infektionsschutzgesetz) abgeschafft wird und Grundrechtseinschränkungen nicht länger am Parlament vorbei eingeführt werden sollen wie unter der, die sagt, wie es gemacht wird, vulgo Merkel. Karl, dem die Partei irgendwas versprochen haben muss, nickte schweren Herzens ab, dass es nie wieder einen Lockdown nach Paragraph soundso unter der neuen Koalition geben soll. Jedenfalls sollen die Länder genügend Kompetenzen erhalten, um „hart durchzugreifen”. Einig war man sich, dass Söder eine grottige Corona-Bilanz vorzuweisen habe, reziprok zu seinen Sprüchen.
Übrigens: Keiner redete von den Corona-Tabletten, den Pillen nach Befall, die überall auf der Welt als Game Changer angesehen werden.
Swetlana Tichanowskaja, „die berühmteste Oppositionskraft von Belarus“, teilt mit Dr. Angela Merkel das Schicksal, als ebenfalls Favoritin nicht den Friedensnobelpreis bekommen zu haben. Derzeit bereist sie „mit großem Sicherheitsapparat“ (CIA? BND?) die EU, und bei Maischberger sollte sie wohl mahnen, doch die Tausenden Migranten an der weißrussisch-polnischen Grenze aufzunehmen. Was sie so nicht tat, vielleicht war das Vorgespräch zu unpräzise. Man solle sich auf gar keinen Fall von diesem Lukaschenko erpressen lassen, fand Swetlana Tichanowskaja, die allerdings eindrucksvoll schilderte, was Lukaschenko für ein Despot ist. Dem Zuschauer könnte das als Mahnung dienen: Woanders ist noch schlimmer.