Das Schlimmste was einem, der einige Jahrzehnte Bundesrepublik auf dem Buckel hat, passieren kann: ein CSU-Vorsitzender und ein SPD-Finanzminister finden alles ganz prima, was der jeweils andere macht. Für solche gefährliche Kumpanei kann es nur einen Grund geben, nämlich, da kommt noch einiges auf uns zu, was weder Ochs noch Esel aufhalten können.
Krise? Welche Krise? Für Olaf Scholz ist Corona ein ähnliches „Experiment wie die Finanzkrise 2008“. Auch damals habe es Kurzarbeit für zwei Jahre gegeben – Faktencheck: 2009 gab es 3,3 Mio. Kurzarbeiter, 2008 und 2010 jeweils knapp eine halbe Mio. und 2020: etwa 10 Millionen, aber wir wollen den Finanzminister nicht unterbrechen: – „es sind sich alle Wirtschaftswissenschaftler der Welt einig, deshalb ist Deutschland so gut durch die Krise gekommen“.
Man habe sich „unglaublich viel Mühe gegeben, möglichst jedem zu helfen“. Sandra Beckmann, Messe- und Eventplanerin, derzeit auf Hartz IV, guckt, als wolle sie sagen:
Das ist aber wirklich nett, dass Sie sich unglaublich viel Mühe gegeben haben, leider hilft es ihr, ihrer Branche und wohl auch Millionen nicht, die neudeutsch Soloselbstständige heißen. Zwar sei die Soforthilfe in NRW sofort geflossen, aber dann hätten sich über Nacht die FAQ geändert, so wurden etwa Betriebskosten nicht anerkannt. Jedenfalls stehen unzählige kleine Unternehmen vor dem Aus.
Olaf Scholz weiß offensichtlich gar nicht, was kleine Unternehmen oder Soloselbstständige sind, denn wieder erläutert er sein Kurzarbeitergeld und lobt sich für die vielen Milliarden, die aber nicht alle Probleme lösen. Den Mann nagelst du nicht an die Wand.
Karl Haeusgen ist Aufsichtsratsvorsitzender HAWE Hydraulik SE, München und noch einiges mehr, und wurde wohl vorab gebrieft, nicht zu streng mit der Politprominenz ins Gericht zu gehen. Kurzarbeit sei eine große Hilfe, sagte er also, und in seinem Unternehmen habe es außerdem keinen Lockdown gegeben. Als Scholz aber angab, er habe in der Corona-Krise neue „Abschreibemöglichkeiten“ geschaffen, da wurde es Haeusgen doch zu bunt. Man habe die Anomalien endlich abgeschafft, die zwischenzeitlich gegolten haben, also den guten Zustand nur wiederhergestellt. Immerhin.
Wenn Klaus-Dieter Zastrow, Honorarprofessor für Hygiene an der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen, Recht hätte, dann müsste Eventmanagerin Sandra eigentlich in Tränen ausbrechen. „Aus dem Mund-, Nasen-, Rachenraum – da kommt das Virus her. Also: Masken tragen, Mundspülung gurgeln, Hände waschen – das wäre billiger gewesen als alle anderen Maßnahmen. Und weil nun (fast) alle das eingesehen hätten, ist der Honorarprofessor unbesorgt, was eine zweite Welle anbelangt.
Nix da, sagt der zugeschaltete Södist Söder. „Um uns herum wachsen Zahlen enorm, auch in die Krankenhäuser hinein. (Faktencheck: 238 Intensivbetten bei 80 Mio. Einwohnern belegt). Selbstkritik? „Es waren doch die Frisöre selber, die gefragt haben, könnt ihr nicht…“, sagt der Söder. Außerdem sind laut Umfrage 87% der Deutschen mit den Maßnahmen zufrieden. Mindestens so zufrieden wie der Söder mit sich selbst. „Ökonomisch und medizinisch richtig gehandelt“, habe man. „Vielleicht nicht perfekt“, fügt er kokett an, „aber im internationalen Vergleich…, wie Herr Scholz sagte.“
Monika Schnitzer, Professorin für Komparative Wirtschaftsforschung, wurde von der Regierung zur Wirtschaftsweisen ernannt und hat an der Regierung auch nichts zu kritisieren. Nicht so düster sehe es aus, und viele Unternehmen jammern, um mehr Geld von der Regierung zu bekommen. Sie schätzt, dass wir nicht mehr als 3 Millionen Arbeitslose bekommen, „weil nicht alle Kurzarbeiter arbeitslos würden“.
Obwohl eines gefällt ihr nicht bei den Subventionen. Dass Corona genutzt würde, um den Strukturwandel zu stoppen. Den Wandel hin zum grünen Tale. Fürs Klima. Und sie hört, dass man sich in der Krise nicht mehr Frauen in Vorständen leisten könne. Unverschämt das!
Masken tragen, Gurgeln, Hände waschen, sagt der Hygieniker.
Illner fragt nach Zombie-Unternehmen, die durch Scholz künstlich am Leben gehalten werden. Haeusgen fand es erstaunlich, wie schnell manche Unternehmen in Kurzarbeit gegangen sind, kaum, dass es verkündet war. Und irgendwie glauben wir, hier VW gehört zu haben. Würde Sinn machen, denn die waren wegen Elektrowahn am weitesten vom Kurs abgekommen.
Dann war wohl abgesprochen, dass Illner am Ende noch die Leichen in Scholzens Keller ansprechen darf. Cum Ex (Scholz hatte angeblich mit Hamburger Bankern eine Sonderregelung ausgeklüngelt) und Wirecard (da wussten Scholz und Merkel wohl sehr früh von den Lumpereien). „Ich freue mich auf die Untersuchungsausschüsse“, sagte Scholz wenig überrascht, denn er hatte die Fragen erwartet. Die entgangenen Steuern „werden beigetrieben“ und Strafverfahren eröffnet. Und bei Wirecard ist der Wirtschaftsprüfer schuld, der „für viel Geld“ keine Unregelmäßigkeiten festgestellt hätte.
Masken tragen, Gurgeln, Hände waschen, sagt der Hygieniker noch einmal, damit es sitzt. Außerdem mache es keinen Sinn, Stuhlflächen zu desinfizieren, da sitzt das Virus nämlich nicht. Auf Wiedersehen.