Wenn Mutti früh zur Arbeit geht....*

Merkel. Der Film.

So könnte es gewesen sein. Vielleicht sagte die rbb-Intendantin Patricia zur rbb-Film- und Dokuchefin Martina: „Mensch, wir könnten doch auch mal so was machen wie ‘Borgen’, diese Serie über die (fiktive) Premierministerin Dänemarks oder dieses ‘House of Cards’ mit dem fiesen US-Präsidenten.“
„Tolle Idee“, fand die Film- und Dokuchefin Martina. „Warum nicht eine Doku über Angela Merkel nach dem Buch ‘Die Getriebenen’ von Robin Alexander?“
„Suuuper!“ sagte die Intendantin Patricia. „Das Getriebene lassen wir natürlich weg.“

Schnell ist ein Team zusammengestellt, ein Regisseur, der bereits ein paar Grimme-Preise gesammelt hat, gefunden, und das Drehbuch verfasste ein Mann, der „gerade jetzt wieder froh über Angela Merkel als Kanzlerin (ist), die Ende 2015 viele in diesem Land absetzen wollten“.

Nun erzählen die öffentlich-rechtlichen Anstalten seit fünf Jahren das Märchen von der Heiligen Angela und ihrem segensreichen Wirken für die Beladenen der Welt. Seitdem ist das Land tief gespalten, die EU an die Wand gefahren, und das Ende nah. Die Bundesrepublik, wie wir sie kannten, verschwindet im Nebel der Geschichte und hat einer Demokratur ohne echte einflussreiche Opposition Platz gemacht, in der sich nur Funktionäre, Apparatschiks und Teilnahmslose wohl fühlen – da erwartete wohl kaum jemand ernsthafte Aufklärung oder eine seriöse Einschätzung der Geschehnisse des Sommers 2015 ausgerechnet von der ARD. Und siehe da: Nur 3,9 Mio Zuschauer wollten das Stückchen im Ersten um 20.15 Uhr sehen, und das in Zeiten einer Ausgangssperre. Doppelt so viele schalteten das zeitgleich ausgestrahlte Aktenzeichen XY im ZDF ein. Reality is a bitch.

Zwei Stunden Merkel, gespielt von Imogen Kogge, ist schon starker Tobak, obwohl Kogge-Merkel ganz normales Deutsch spricht und nicht dieses verschwurbelte Merkel-Merkelsch, das wir aus dem Fernsehen kennen. Zwei Stunden „leidet die Kanzlerin öffentlich-rechtlich vor allem unter unsympathischen Gegnern und widrigen Umständen“, schreibt die FAZ.

Das ist das zweite Problem des Films, die Parallele zwischen dem Schauspieler und dem wohlbekannten Original. Peter Altmaier haben wir sofort erkannt, schon wegen Figur und Frisur, außerdem spielt Peter ja auch im wahren Leben nur eine Hülle ohne Inhalt. Während andererseits Schäuble nur am Rollstuhl zu identifizieren war. Vorbei die Zeiten der deutschen Edgar-Wallace-Filme, als man einen Schurken noch an der Visage erkennen konnte.

Dem Sigmar-Gabriel-Darsteller fehlt das Tumbe, das Nassforsche, wenigstens zeichnet ihn das Drehbuch als Intriganten, der nur auf Merkels Fehltritte spekuliert. Thomas, die Misere, hustet zwei Stunden lang durch, als sei er der Corona-Patient Null und im falschen Film. Ihm hat die ARD die Rolle des größten Versagers auf den Leib geschrieben, ohne zu erklären, warum die schlaue Merkel den Deppen so lange mitspielen ließ. Erstaunlich, dass Maaßen und Münch als ständige Mahner vor den Auswirkungen der „Flüchtlingskrise“ kein Nazi-Stempel aufgepappt wurde. Frank-Walter Steinmeier spielte sich wohl selbst.

Der ungarische Ministerpräsidenten Viktor Orbán, dem wir in Wahrheit verdanken, noch Schlimmeres verhindert zu haben, gibt den ausländischen Bösewicht, der, so hat es jedenfalls der Spiegel verstanden, ständig „versucht, die liberalen Deutschen vor sich herzutreiben“. Dabei kommen gar keine Liberalen vor.

Und weil der Drehbuchautor Florian aus München kommt, musste für den Seehofer-Part ein alter Trottel gefunden werden und für Markus Söder ein Arsch.

Dabei hatte der Horst 2015 seine Sinne noch halbwegs beisammen. Wie sonst wäre sein feines Bubenstück vom CSU-Parteitag am 25.11. 2015 zu erklären, als er Merkel vor versammelter Mannschaft zusammenfaltete. Merkels letztes Film-Wort, in der Limousine sitzend: „Scheiße.“

Es ist wie im wirklichen Leben. Als Drama ist Merkel nicht zu ertragen. Man hätte aus ihr besser eine Komödie gemacht – natürlich nicht in der ARD. Da hätte dann auch im Abspann der Anreißer für die Fortsetzung stehen können: Sehen Sie beim nächsten Mal:

2018 wird Angela Merkel zum vierten Mal als Bundeskanzlerin gewählt.
Sigmar Gabriel war nie ihr Gegenkandidat.
Horst Seehofer wird ihr Innenminister.
Markus Söder Bayerischer Ministerpräsident.
Viktor Orban bleibt Ungarns Ministerpräsident.
Ein Ende des Krieges in Syrien ist nicht absehbar.

 

*„Wenn Mutti früh zur Arbeit geht“ war ein Loblied der DDR auf die Frauenarbeit.

 

13 comments

  1. Kuno Kellermann 16 April, 2020 at 20:59 Antworten

    Da gab es doch schon mal einen Merkel-TV-Film. Damals konnte ich mir sowas noch ansehen, weil meine Nerven da noch stärker waren als jetzt und ich Merkel noch ziemlich putzig fand. In Erinnerung sind mir geblieben: ein riesiger Kleiderschrank mit 1000 bunten Blazern und irgendwas mit selbst gebrauter Kartoffelsuppe. Schon bei dem damaligen Film wusste man nicht so genau, ist das nun Satire oder echtes Merkelleben. Und so ist das ja geblieben bis heute.

  2. Tobi K. 16 April, 2020 at 21:10 Antworten

    Egal was uns die Öffentlich-Rechtlichen samt Pressbengel-Anhang ständig verkaufen wollen: Vermutlich eine geballte Mehrheit in diesem Land kann das alte Merkel nicht mehr sehen. Rhetorik und Ausstrahlung wie eingeschlafene Füße. Immer die gleichen Floskeln. Aber wie bei den Kommunisten so üblich, wird man Staatsratsvorsitzende erst dann los, wenn man sie mit den Füßen zuerst aus dem Politbüro trägt. Machterhalt bis in den Tod. Alternativlos. Dabei wäre mir millerweile sogar ein Kanzler-Kasper Habeck lieber. Da hätte man wenigstens noch seine tägliche Dosis Spaß.

  3. Krufi 16 April, 2020 at 21:22 Antworten

    Zwischen einer Verfilmung eines Buches und der Vorlage liegen oft Welten, leider. Gestern hat mich ein Bekannter auf den Film aufmerksam gemacht und da entwickelte sich folgender Dialog, den ich mit Erlaubnis des Bekannten hier zur Kenntnis geben darf:

    Bekannter: „Schaust Du gleich auf dem Ersten?“

    Ich: „Ich schaue bestimmt kein Fernsehen, und ARD und ZDF schon gar nicht. Die Merkellobhudelei kann ich mir sparen.“

    Bekannter: „Meinst, der Film ist eine Art von Homage? Es basiert auf dem Buch von Robin Alexander, das ich dir damals empfohlen habe.“

    Ich: „Ach so, ich dachte, es gibt eine Sondersendung wegen Corona. Werde trotzdem nicht schauen.“

    Bekannter: „Nein, es ist eine Doku mit echten Schauspielern. Ich mache heute mal eine Ausnahme. Und schaue mir den Streifen an.“

    Ich: „Du kannst ja berichten. Die Kanzlerin steht in dem Film im Mittelpunkt. Da weiß ich doch, in welche Richtung das geht.“

    Bekannter: „Das BAMF samt Schmidt kommen auch vor.“

    Der Bekannte arbeitet im BAMF und ich hatte früher auch dienstlich sehr intensiv mit dem BAMF zu tun. Er wollte mich „ködern“. Hat es aber nicht geschafft. Ich habe ihn heute gefragt, wie der Film war.

    Bekannter: „ Mir ist seit diesem Film noch klarer geworden, dass bei uns die Kursänderung nur über die Straße … erfolgen wird. Natürlich war es eine Huldigung! Hinzu kommt, Dass auf die massiven Folgen der damaligen Entscheidungen nicht eingegangen worden ist! Die Welt besteht nur aus Guten (Merkel) und Bösen (Orban)! Ergo, so hat es der Depp auf der Couch zur Primetime auch zu verdauen! Und natürlich sind Maaßen, Roman und Münch als Deppen dargestellt worden, die zwar aufschreien, aber humanitäre Gedanken sind wichtiger als das Gesetz. Und die jämmerlichsten Figuren waren de Maiziere und Ex-Pr Schmidt. Und noch eins: eine richtig fiese Niedermachung von Söder ist der Film. Ein Schelm ist derjenige, der sich was dabei denkt.“

    Ich bin froh, dass ich den Film trotz Anraten nicht geschaut habe und lieber ein Konzert angehört habe und nebenbei TE und die Achse gelesen habe. Lieber Herr Paetow, trotzdem vielen Dank für die Filmkritik. Übrigens, der Bekannte hat vor (!) Erscheinen Ihres Beitrages mir seine Meinung zu dem Film mitgeteilt. Seine Meinung deckt sich also mit Ihrer Wahrnehmung.

  4. Emmanuel Precht 16 April, 2020 at 22:44 Antworten

    Kim Jong-un und die Claas Marietta Kleber (Ri Chun Hee ist Kim Jong Uns Lieblingsnachrichtensprecherin) aus der “Demokratischen Volksrepublik Korea”. Das wär mal was. Das Buch könnte beibehalten werden. Die Frisuren sind etwas zu ändern und schon wird da ein Schuh draus. Wohlan…

  5. Michael 16 April, 2020 at 23:33 Antworten

    Ich hätte mir den Film vielleicht angesehen, aber mir fehlte mindestens ein Merkelfähnchen, das ich hätte die ganze Zeit über schwingen können und zudem habe ich zur weiteren Lobpreisung kein Bild von Merkel an der Wand. So, als offensichtlich Ungläubiger, wollte ich diesen Film, höchster Propagandabeschaffenheit, nicht mit meiner Wenigkeit als Zuschauer herabsetzen. Zudem zahle ich äußerst ungern die Zwangsgebühren für die staatlich geförderten Sender.

    Sicher gibt es noch einen dritten Teil dieses Filmes, wo am Ende alle Schurken durch Corona hingerafft wurden, die wirtschaftliche Wende nur durch eine komplette staatliche Übernahme alle Unternehmen erreicht wurde und Merkel auch 2022 wieder gewählt wird. Dieses mal aber auf sozialistische Lebenszeit, in einem neuen Land namens BDDR.

    Zu viel für meine schwachen Nerven 😉

  6. Ostfale 17 April, 2020 at 06:50 Antworten

    Zitat: “Zwei Stunden Merkel, gespielt von Imogen Kogge, ist schon starker Tobak, obwohl Kogge-Merkel ganz normales Deutsch spricht und nicht dieses verschwurbelte Merkel-Merkelsch, das wir aus dem Fernsehen kennen.”
    ER muß ein großer Seher gewesen sein:
    “Der große Feind einer genauen Sprache ist die Unaufrichtigkeit.
    (George Orwell)”

  7. Horst Schlämmer 17 April, 2020 at 08:08 Antworten

    Australischer Humor “At home with Julia”über die rote Ex-Priemier-Ministerin.
    Eine Empfehlung als Gegenmittel zum Film , der eigentlich “Stalins Rache, Angela” heissen müsste.

  8. Orangenfarmer 17 April, 2020 at 09:37 Antworten

    Merkel kann ich nicht mal mehr als Schauspieler oder heißt es geschauspielert ertragen.
    Das Lied der Überschrift ist übrigens ein Loblied auf Kinderarbeit. Mutti wird dabei nicht gelobt, daß sie arbeitet.
    Passt aber natürlich zu Ihrem Text.

  9. Paula 17 April, 2020 at 10:25 Antworten

    Ohne mir diesen Film angetan zu haben mein Fazit:
    Also alles toll, was Merkel so “getrieben” hat seit 2015.
    Und weil das alles so toll ist, wird es nach ihr genau so weiter gehen, weil die, die das alles immer noch so toll finden, an den wichtigen Schaltstellen sitzen und in ihrem Sinne fort führen. Die Leitmedien und dubiosen Berater der Politiker haben hier längst das Zepter übernommen. Siehe z.B. Julian Reichelt, der sich berufen fühlt w/Corona einen offenen Brief an Chinas Staatschef zu schreiben.

  10. Herbert Priess 17 April, 2020 at 10:29 Antworten

    Ich hatte mir das Machwerk letztes Jahr als das im ZDF lief runtergeladen dann entschieden es zu löschen, mir war der Speicherplatz zu schade. Interessant war dann der Brief des ungarischen Botschafters an das ZDF in denen er einige Passagen ansprach die er so ganz anders in Erinnerung hatte. Das ZDF antworte widerum, daß das eine Dokumentation im Spielfilmformat gewesen sei wobei es eben auch verschiedene Ansichten der Dinge geben kann und auch muß.
    Habe ich letztes Jahr vielleicht einen anderen Film gesehen und das hier war die Fortsetzung? Im ZDF hieß der Schinken -Stunden der Entscheidung- also doch zwei Filme? Das mag ich kaum glauben das wäre ja…….!!!!!

  11. Horst Hauptmann 17 April, 2020 at 10:52 Antworten

    Die manipulativen Feinheiten (eine Kernkompetenz der ARD) waren interessant:
    Z.B. die Darstellung von Münch, Maaßen, Romann(??) immer als meuternde Schurken, die ständigen Tränendrüsenszenen, wenn es darum ging, Merkel als Herz-Dame zu präsentieren, de Maiziere als armen Kranken, Merkel als Gehetzte und Omnipräsente, eine Wohnzimmerszene mit ihrem Mann etc. Statt auch bei Merkel-Szenen Ausschnitte aus den tatsächlichen Ereignissen zu zeigen: nachgestelltes! Sonst hätte man nicht so effizient manipulieren können. Ein Leuchtturm – äh weiterer Schandfleck der ARD-Merkel-Huldigung. Der dauerverdummte TV-Konsument hat die Feinheiten der Manipulation wahrscheinlich gar nicht gemerkt – das ist wahre Raffinesse.

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