Nach der Theorie der Ökonomie der Aufmerksamkeit hat der Wirtschaftsprofessor Jörg Meuthen alles richtig gemacht. „Die Aufmerksamkeit anderer Menschen ist die unwiderstehlichste aller Drogen“, schreibt Georg Franck in seinem Buch „Ökonomie der Aufmerksamkeit“. Aber manches ist richtig und falsch zugleich...
Aufmerksamkeit, so Francks These, ist eine Währung geworden, die immer knapper wird. Mit einem Interview in Tichys Einblick, in dem der AfD-Co-Vorsitzende laut über eine Spaltung der AfD in eine Meuthen- und eine Höcke-Partei nachdachte, fand Meuthen jedenfalls mehr von der knappen Ware Aufmerksamkeit als Jens Spahn mit seinen jüngsten Maskenbestellungen oder Peter Altmaier mit seinen kruden Theorien zur wirtschaftlichen Zukunft des Landes.
Mit der Aufmerksamkeit ist das aber so eine Sache. Die bekommt auch jeder Machetenmann und Amokläufer schnell, allerdings führt das selten zu nachhaltigen Ergebnissen. Auch bei Prof. Dr. Jörg Meuthen erschließt sich der Sinn des losgelassenen Sturms im Wasserglas nicht.
Dabei versucht der Professor „die Dinge immer vom Ende her zu denken“, wie er nun der Jungen Freiheit erklärte. Mit diesem vom Ende her denken hat allerdings, wie Meuthen, auch die Kanzlerin Merkel seit 14 Jahren immer nur Pech.
Vermeintlich selbstkritisch führt Meuthen aus: „Ich hätte noch klarer machen müssen, daß es sich hier um einen strategischen Denkansatz handelt und nicht um eine konkrete Forderung.“ Den „strategischen Denkansatz“ nahm der FAZ-Schreiber Berthold Kohler gerne auf. „Der zentrale Punkt in Meuthens Analyse ist ... extrem richtig: Der extremistische „Flügel“ um Björn Höcke schreckt bürgerliche Wähler ab.“ Diese bürgerlichen Wähler vermutet Kohler bei CDU/CSU, die in der Coronakrise „einen Sprung nach oben“ machten, „wie es ihn selten zuvor gab“. Das ist Blödsinn, und zwar hohler.
Das Volk, dieser große Narr, weiß leider selten, was gut für seine Interessen ist, der Stimmungsaufschwung zugunsten der Regierung ist zu großen Teilen der schamlosen Propaganda und den komischen Umfrage-Instituten geschuldet. Und der Schwarm-Dummheit. Denn gerade in der Corona-Krise zeigt sich die Merkel-Regierung doch als das, was sie immer schon war: gänzlich unvorbereitet, total unfähig und dazu noch beratungsresistent.
Nutzen wir den blühenden Kohler-Unsinn, um den Blick auf Björn Höcke zu werfen, der zwar wahrlich nicht everybodys cup of tea ist, aber auch die Neider und Übelwoller müssen anerkennen: Die ersten Monate des AfD-Jahres 2020 gehörten dem Chef der AfD-Thüringen. Er trieb die Merkeltreuen zu panischen Überreaktionen, die es sogar in die Geschichtsbücher schaffen dürften. Nicht weil der extra dafür eingesetzte Verfassungsschutzchef Haldenwang schließlich Teile der Partei beobachten lässt. Sondern weil Merkel im Staatstreich von Erfurt eine Ministerpräsidentenwahl annullieren ließ, was Haldenwang offensichtlich gar nicht mitbekam.
Höcke, der wohl seinen Sunzi gelesen hat – ist der Gegner stärker als du, weiche aus! (Die Kunst des Krieges) – war sogar ohne großes Murren bereit, den von ihm dominierten sogenannten „Flügel“ aufzulösen.
Von vielen Deutschen wird Höcke längst als einer der Parteivorsitzenden wahrgenommen – auch weil er es immer wieder schafft, dass sich die Merkelpresse an ihm abarbeitet. Im Umkehrschluss führt das oft zu den Aussagen „Ich würde die AfD wählen, wenn der Höcke nicht wäre“. Aber wie kommen die Leute zu einer solchen Aussage? Sie nehmen Höcke ausschließlich durch den Spiegel der Merkelbegleitpresse wahr. Und der Wortjongleur hält Merkels Schriftgelehrte auf Trab.
Der Abgang von Alexander Gauland (jetzt Ehrenvorsitzender) erleichterte Höckes Aufschwung, denn der Allvater der Partei hinterließ ein Vakuum, das der farblose Malermeister Tino Chrupalla (wir mussten extra googeln, wie der Mann korrekt geschrieben wird) nicht ausfüllen konnte. Und sein Co-Chef, der im Volk durchaus beliebte Meuthen, hatte bereits vor geraumer Zeit den großen Fehler begangen, sich selbst auf dem Brüsseler Abstellbahnhof mehr oder weniger auszurangieren.
Vielleicht entstand im fernen Brüssel Meuthens Fehleinschätzung, dass seine, eine gemäßigte AfD, vor Verfolgung sicher sei, und er die Rolle des Aiwanger (Söders Regierungspartner von den Freien Wählern) für Deutschland spielen könne. Damit übersieht er völlig, dass die Pressbengels einfach jeden beißen, der an die Futtertröge der linksgrünen Camarilla will. Hat Meuthen vergessen, dass Leute ihren Job verloren, nur weil sie mit ihm essen waren?
Immerhin rudert Meuthen, wenn auch ungeschickt, zurück. Er, der seit fünf Jahren einer der zwei Bundessprecher der AfD ist, habe zwar „unterschätzt, daß oft nur die Schlagzeilen gelesen werden“, sagte er der Jungen Freiheit. „Andererseits ist das, falls man sich tatsächlich so einig ist (dass bei der AfD alles beim alten bleibt), aber ja auch ein erfreulich schnelles Resultat auf meinen Diskussionsbeitrag.“
Berthold Kohler von der FAZ dürfte sich demnächst wieder über die Umfrageinstitute wundern, denn Euro, Massenmigration in die Sozialsysteme, Totalversagen der politischen Klasse: Alles kommt „nach Corona“ mit doppelter Wucht wieder auf den Tisch.
Lieber Herr Paetow, einer der besten Artikel von Ihnen, den ich je gelesen habe. Danke dafür. Rita Handt
Super Artikel! Toll analysiert!👍
Für mich wäre das auch eher der (vergebliche) Versuch sich beim grünen Establishment anzubiedern. Wer einen harmlosen Höcke nicht aushält, soll halt weiter FDP wählen. Danach gehen diese Pantoffelhelden dann auf die einschlägigen Blogs und meckern auf die dicke FDJ Matrone und wie die ihr schönes 80er Jahre Westdeutschland-Luftschloss zunichte gemacht hat.
Ich bin auch gespannt, wenn die Wucht der Fakten die Medien und Merkelfans trifft, wie ein Bumerang.
Meuthen ist zurück gerudert. Umfragewerte der AfD werden steigen, wenn sich die Opposition wieder zeigt.
Die Süddeutsche meint, Merkel kann nach der Coronakrise erhobenen Hauptes GEHEN!
Egal wie, Hauptsache, sie GEHT!!!! 🙏🙏🙏🙏🙏
Ich stimme ihnen zu, deshalb habe ich Vera Lengsfeld nicht verstanden und auch nicht kommentiert was sie schrieb. Der Meuthen wußte schon was er sagte und welche Diskussionen das auslösen würde aber er wird sich gedacht haben, in diesen miesen Zeiten für die AfD muß man mal querschießen oder einen Luftballon aufblasen. Der Höcke produziert wenigstens absichtlich negative Nachrichten bzw. Kommentare. Aber erstens ist alles was über die AfD berichtet wird immer negativ und zweitens lieber negative Schlagzeilen als gar keine. Die AfD würde sonst in den Medien überhaupt nicht stattfinden. Seine letzte “Provokation” mit dem “ausschwitzen” war klug durchdacht, wobei ich den Höcke für einen sehr klugen Kopf halte obwohl mir sein Gehabe manchmal nicht gefällt aber das ist politische Geschmackssache. Warum der Meuthen sich nach Brüssel verabschiedete verstehe ich heute noch nicht. Normalerweise schicken doch die Parteien ihre Oberpfeifen dorthin.
Danke für diesen Kommentar Herr Paetow obwohl zu einem ungewöhlichen Tag.
“Warum der Meuthen sich nach Brüssel verabschiedete verstehe ich heute noch nicht.” Mein subjektiver Eindruck von diesem Parteioberen lässt zuvorderst auf pekuniäre Gründe schließen. Eventuell mag zudem das Kalkül der verringerten Medienpräsenz (in Berlin sicherlich höher als in Brüssel) und der damit einhergehenden Einsparnis an (medialem) Ärger eine Rolle gespielt haben.
Die AfD ist doch nur ein Randthema. Leider bietet sie außer internem Streit ja nichts, worüber man vielleicht sogar mal positiv berichten könnte (müßte). Wie auch immer, jetzt werden die Medien erstmal mit jeden Tag mehr und vor allem nach Corona M. hochjubeln, daß dieses im Kern natürlich immer noch völlig kranke und kaputte Land, es nur durch die unendliche Weitsicht und Führungsstärker der Königin aus dieser “Krise” geschafft hat und nun in noch stärkerer Strahlkraft einer blühenden Zukunft entgegensieht. Und derMichel wird das aufsaugen, wie der Alkoholiker die Restepfützen am Morgen, um den Kater zu lindern. Mir graut schon heute davor.