Das DDR-Imperium schlägt zurück

Zur Entlassung von Uwe Steimle

30 Jahre nach dem Untergang der DDR feuern alte Osteliten, die im besten Deutschland, das wir je hatten, Karriere gemacht haben, einen Ost-Kabarettisten, der ernsthaft glaubte, in der BRD könne man ungestraft seine Meinung sagen. Wäre eine schöne Satiresendung, ist aber leider wahr.

Hätte die BRD der DDR beitreten müssen und nicht umgekehrt – auf die Unken, die jetzt sagen, man habe den Eindruck, genauso sei es gekommen, wollen wir hier nicht eingehen –, dann hätten wir Wessis unter der Knute von strengen Sozialisten wie Karola Wille nichts zu lachen gehabt. Die mit allen Wassern des totalen Sozialismus gewaschene Juristin – an ihrer Seite als Gatte damals ein Militärstaatsanwalt der DDR – hätte wohl selbst spezialdemokratischen Traumtänzern vom Schlage Malu Dreyer, Maas oder Stegner bei kleinsten Verfehlungen die Hammelbeine langgezogen. Annalena und Robert wären in der Produktion und Schäuble klebte Tüten in Bautzen.

Unsereiner hat bis heute Bammel, Karola Willes Aufsatz „Im politischen und ideologischen Arsenal der aggressivsten und reaktionärsten Kräfte des Monopolkapitals nimmt der Revanchismus einen gewichtigen Platz ein …“ zu lesen, den sie mit einem Geheimdienstoffizier „im besonderen Dienst“ verfasst hat.

Aber es kam ja irgendwie anders, und Karola sattelte schnell noch ein paar juristische Kurse an der Fernuniversität Hagen drauf, und schon sitzt sie als Intendantin beim MDR (tja, so ist das, wenn man kein Wiederbetätigungsverbot erlässt). Als zeitweise Vorsitzende der ARD steht sie übrigens Patin für das Agitations- und Propaganda-Papier (neudeutsch „Framing“), mit dem der Staatsfunker beigebracht bekam, wie er dem depperten Zuschauer weismachen kann, dass der Staatsfunk kein Staatsfunk und die Zwangsgebühren keine Zwangsgebühren sind.

Wolf-Dieter Jacobi, der im sogenannten Roten Kloster, an der „Sektion Journalistik“ der Universität Leipzig von 1986 bis 1990 studierte – die Sektion Journalistik stand bis 1989 unter der direkten Aufsicht der Abteilung „Agitation und Propaganda“ des Ministeriums für Staatssicherheit – ist inzwischen Programmdirektor bei Karola Willes MDR und überbrachte dem Kabarettisten Uwe Steimle die Kündigung per Twitter: „Eine weitere Zusammenarbeit“ sei „unmöglich gemacht“. „Gemacht“. Also von Steimle natürlich.

Wir haben die „Anklagepunkte“ mal zusammengetragen. Steimle hat...
... sich in einem „Kraft durch Freunde“-Shirt fotografieren lassen. („Kraft durch Freunde“, der ist wirklich gut, ärgerlich, dass wir da nicht drauf gekommen sind!)
... der „Jungen Freiheit“ ein Interview gegeben. (Teufel aber auch!)
... die „Gemeinsame Erklärung 2018“ unterzeichnet. (Gottogott, das wird ja immer schlimmer!)
... in seinen legendären Parodien auf Honecker „zwar Kritik mitschwingen lassen, aber deutlich mehr Zuneigung als für dessen Landsmann Heiko Maas gezeigt“. (Zeuge: Die westdeutsche allgemeine SPD-Zeitung/WAZ)
... die Abgeordneten des Bundestages als „arbeitsscheues Gesindel bezeichnet, das wegmüsse“. (Und zwar „nicht ironisch“, führte der Zeuge WAZ aus)
... „sich als Unterstützer“ von Pegida präsentiert. (Brüder und Schwestern! Schlagt das Kreuz! Holt das Weihwasser – und bringt Karldinal Marx gleich mit!)

Angeklagter, was hamse zu Ihrer Verteidschung zu sochn? Dass Sie Kabarettist sind? Im Zweifel links? Warum sind Sie dann nicht bei der Heute Show?

Uwe Steimle, der mit dem ostalgischen Hausmeister Günther Zieschong eine sächsische Kultfigur schuf, hätte wissen können, dass der alte Geist noch lebt. Zu Beginn einer Show testete Zieschong, „wie viel noch da ist“ beim Publikum.

Zieschong: „Für Frieden und Sozialismus seid bereit...“
Publikum: „...Immer bereit!“
Zieschong: „Guck, alles noch da!“

Das war Satire, Kabarett vom Feinsten. (Hier das Video) Seine Entlassung ist hingegen Realität bei Parteien- und Staatsfunk im real existierenden Sozialismus, der sich keine echten Kabarettisten leisten kann.

 

Wer hat denn nun den Egon Erwin „Kitsch“-Preis, den ersten „Reporterpreis“ nach Claas Relotius bekommen? Hauptsächlich die Süddeutsche. Und die Zeit. Der Spiegel ist noch im Verschiss. Nur eine Auszeichnung hat hat man ihm gegeben, und die muss er sich auch noch mit den Prantlern teilen.

Kannste mal sehen

Auch wenn es schwerfällt, aber wir wollen es dem Alexander Gauland mal glauben, wenn er über die Benimm-Flegel im Deutschen Bundestag sagt: „Jürgen Trittin ist immer sehr höflich, das gilt auch für Robert Habeck.“

 

8 comments

  1. Luisa Nemeth 4 Dezember, 2019 at 20:49 Antworten

    Während ich mich noch über Stephan Paetow’s Purlitzerpreis verdächtige Schlagzeile köstlich amüsierte, folgte die traurige Nachricht von Uwe Steimle. Das Meinungsimperium, und nicht nur das von der DDR, scheint grausam demütigend auch noch den letzten Funken von Spaß ausbremsen zu wollen. Wie war das mit der Würde?. Danke.

  2. Tobi K. 4 Dezember, 2019 at 20:51 Antworten

    Wer eine Frau Wille mit dieser einerseits offensichtlichen, aber zu großen Teilen auch mehr als undurchsichtigen Vergangenheit auf den Chefsessel einer Sendeanstalt setzt, muss sich nicht wundern, wenn sowas passiert. Dabei ist Steimle nicht das erste Opfer und wird auch nicht das letzte gewesen sein. Die beliebte Katrin Huß dürfte ein Lied davon singen können, wie man abgeschossen wird, wenn man nicht den Tango tanzt, der politisch von einem erwartet wird. Und es wird schon einen Grund gehabt haben, warum man ausgerechnet Frau Wille dort platziert hat, obwohl sie hinsichtlich ihrer Vita nicht unbedingt die passenden Eigenschaften mitbrachte. Stop! Sie war im SED-System der DDR tief verwurzelt und eingebunden. Dann passt das schon wieder.

  3. Emmanuel Precht 4 Dezember, 2019 at 22:31 Antworten

    Stand denn die ewige Bundesintendantin der Abteilung „Agitation und Propaganda“ des Ministeriums für Staatssicherheit, im Mädchenalter, nicht auch recht nahe? Das soll ja eine Verschwörungstheorie behaupten. Darüber war damals, als der Hallodri Gysi, also der Gregor, (im Jahre des Herren “2007”) zunehmend unter Druck geriet, sogar ein abendlicher Beitrag im unabhängigen, überparteilichen Staatsfunk angekündigt. Und wie es die Synchronizität der Ereignisse so wollte, verschwand der Druck aufs Gregorle ebenso wie der Fernsehbeitrag aus dem Abendprogramm. Sachen gibts. Wohlan…

  4. altermann 4 Dezember, 2019 at 23:23 Antworten

    Grandios, wie Sie die Biographien herausgearbeitet haben. Fehlt noch die IM Erika und schon wird ein Schuh draus. Wir sind zur DDR geworden. Die Linken waren doch stärker als die Bananenfraktion. Sie hatten den längeren Atem und so holen sie sich die DDR Stück für Stück zurück – aber mit westlichen Lebensstandard, den die (blöden) Werktätigen der alten BRD sicherstellen.
    Für diesen Artikel gibts morgen schölefrö!

  5. Armin V. 5 Dezember, 2019 at 01:26 Antworten

    Es würde mich nicht wundern, wenn Helmut Schleich der nächste ist, den es trifft.
    Seine Sommerpause war schon verdächtig lang.

  6. Ein Jünger 5 Dezember, 2019 at 06:48 Antworten

    Vielen Dank für diese ausführliche Würdigung. Steimle war als Erich so gut, daß sogar der, aus dem Halbdunkel heraus angesprochene, ehemalige Kronprinz Egon Krenz verunsichert schreiend das Weite suchte. Wer Steimles Sendungen verfolgt und sein Bühnenprogramm besucht, kommt zu dem einzig logischen Schluß, daß da ein Erzlinker auf der Bühne steht. Nur eben mit einem positiven Verhältnis zu Heimat, Volk und Sprache. Ein echter Linker wird somit von opportunistischen Karrieristen für sein Rückgrat bestraft. Herr Paetow, lange überfällig, habe ich mich heute entschlossen, Ihnen Ihr verdientes Trinkgeld zukommen zu lassen. In Steimles Sinne: Venceremos!

  7. treu 5 Dezember, 2019 at 11:21 Antworten

    Ja, die Willes und Jacobi´s und wie sie alle heißen, die vielen ehemaligen strammen Parteigenossen, die nicht nur beim MDR lukrativ und hochdotiert untergeschlüpft sind, die kommen nachts vor Lachen nicht in den Schlaf und lachen sich noch tot, über den kapitalistischen und revanchistischen Klassenfeind!

  8. DemWalterseinWeidenvogel 5 Dezember, 2019 at 12:09 Antworten

    So ein Narrenleben, sein wir mal ehrlich
    ist mitunter recht gefährlich
    Mag der Herrscher gerade keinen Spott
    Heißt’s für Narren: “Gnad’ Dir Gott!”
    Früher rollten dann schnell Köpfe
    Heut’ entzieht man ihm die Töpfe
    die sind voller guter Gaben
    daran sich jetzt andre laben
    So ist’s mit dem Steimle jetzt gewesen
    In der Zeitung kann man’s lesen
    So ein Hofnarr hat es schwer
    auch und grad beim MDR

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