Spricht Björn Höcke wie Adolf Hitler? Ist Herbert Grönemeyer ein besserer Hitler-Imitator? Diese Fragen beschäftigten anscheinend unsere arme Nation.
Wahrscheinlich hat er Emails von Heiko M., Ralf S., Johannes Kahrs und Genossen bekommen, ZDF-Kollegen klopfen ihm anerkennend auf die Schulter. Bestimmt hat der Intendant angerufen, sich seinen Namen für die Zukunft notiert und ihm ein ’Weiter so!’ zugerufen. In Partei- und Regierungskreisen wird der ZDF-Journo, dessen Namen wir beschämt verschweigen, nach seinem Interview mit Björn Höcke als Held gefeiert. Auch wenn das Interview wohl kaum jemand gesehen hat, so reichte es doch für die Schlagzeile „Höcke bricht ZDF-Interview ab.“ Mission accomplished.
Selbstverständlich stellte das ZDF das abgebrochene Interview trotzdem online – aus reinen Dokumentationsgründen natürlich, so viel Triumph muss sein. Es beginnt damit, dass AfD-Abgeordneten im Bundestag Zitate vorgelegt wurden, und die sollten raten: Wer hat’s gesagt – Hitler oder Höcke? Da es sich um keine berühmten Hitler-Zitate handelte („Ich erkläre den Anschluss meiner Heimat...“, „Seit 5.45 wird jetzt zurückgeschossen“) und auch Höcke-Worte in der AfD nicht auswendig gelernt werden, feixten die Abgeordneten eher und legten sich nicht fest. Sie dachten wohl, das ZDF-Team arbeite für die berüchtigte Heute-Show.
An dieser Stelle hätte der Pressesprecher von Höcke eingreifen müssen. Höcke ist der Spitzenkandidat der AfD in Thüringen, wo Landtagswahlen ins Haus stehen, und ein Gesprächsbeginn „Hitler oder Höcke?“ hätte den Abbruch mehr als gerechtfertigt. Aber es ist halt schwer, gutes Personal zu finden, und so nahm das Schicksal (die Vorsehung?) seinen Lauf. Der ZDFler hatte in Höcke-Reden überall NS-Terminologie erkannt, von „entartet“ bis „Lebensraum“. „Lebensraum im Osten“ korrigierte Höcke, das Wort Lebensraum komme auch im Naturschutz vor.
Höcke selber sieht seine Sprache als „originell“, und es müsse „zulässig sein“, dass sie „manchmal zu sehr ins Poetische geht“. Nun muss aber ein Politiker wissen, dass es die Poesie nur selten in die Presse schafft, und der Journo blieb seinem Spiel treu: Hitler oder Höcke? So gingen zehn Minuten ins Land, in denen der Journo den Höcke drängte, zuzugeben, dass er Hitler sei, bis der Pressesprecher den Stecker zog.
Das sei doch nicht fair, jammerte Höcke, nicht redlich sei das. Die „vertrauensvolle Zusammenarbeit von Politiker und Journalist“ sei in Gefahr, und da fragt sich der Beobachter (nein, nicht der völkische!), wie man Höcke als Lichtgestalt oder zukünftigen Führer der AfD sehen kann, wenn der auch nur eine Sekunde glaubt, der Staatsfunk versuche sich in einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit AfD-Politikern! „Ich habe doch nur Fragen gestellt“, entgegnete der Journo verschmitzt, wohl wissend, dass er in seinen Kreisen ordentlich gefeiert werden wird für das Material.
Tanz den Adolf Hitler
Wo wir schon beim Unaussprechlichen sind, der aber dennoch immer wieder durch die Gazetten spukt, führt uns der Weg nach Wien. Es spricht: der Herbert! „Öch glaube, es muss ons klar sein“, knödelte Grönemeyer zu Beginn seiner Ansprache, „auch wenn Politiker schwächöln... dann liegt es an ons“, nun aber hebt er die Stimme, und er schreit es heraus: „Dann liegt es an uns“ – der berühmte Höhepunkt steht bevor –, „zu diktieren“, jetzt brüllt der Herbert es heraus, „wie eine Gesellschaft auszusehen hat!“
Die Masse erhebt sich unter lauten Rufen, alle stehen jetzt wie ein Mann, der Jubel wird zum Orkan, „denen den Spaß austreiben“ hört man den Herbert kaum noch unter dem Geschrei der Parteigänger und -gängerinnen.
„Kein Millimeter nach rechts“ brüllt der Herbert. „Kein Millimeter nach rechts. Und das ist so und das bleibt so!“ Marschmusik setzt ein.
So klang es damals im Sportpalast, und so ähnlich klang es nun in Wien. Jetzt will also der Herbert diktieren wie eine Gesellschaft auszusehen hat. Und Heiko in Berlin will auch gerne mitdiktieren und einer von "uns" sein. Einzige offene Frage: Warum hat das ZDF nicht übertragen?
Also, dieses „Wer hat’s gesagt? Hitler oder...“ will uns nicht aus dem Kopf. Wir hätten da auch ein paar:
„Was für ein Glück für die Regierenden, dass die Menschen nicht denken!“ Hitler oder Merkel?
„Für die Zukunft der Energieversorgung sind sicher: Wasser, Winde und Gezeiten. Als Heizkraft wird man wahrscheinlich Wasserstoffgas verwenden.“ Hitler oder Merkel? Oder Göring(-Eckardt)?
Danke, Stephan Paetow, dass Sie das demütigende Schmierentheater aushalten.
1. ZDF – Interview von der Staatsanwaltschft bewerten lassen, selbst wenn’s nichts bringt.
2. Von der Höcke-Hybris möchte ich nicht sprechen, ganz zu schweigen vom rechten Flügel. aber was das ZDF sich hier an sadistischer Demütigung geleistet hat, ist mE verwerflich.
3. Grölemeyer’s “Krieg der Worte” eine Schande, mE Hasspredigt, “Kriegshetze”, Anstiftung zum Aufruhr. Als Nachkriegskind habe ich das damals nicht so richtig verstanden, aber alleine in unserem Familienkreis sind viele Männer gefallen oder lebenslänglich schwersbehindert geworden. Grölemeyer ruft mE zum Bürgerkrieg mit anschliesender Diktatur auf.
4. Vielleicht bin ich eine Spaßbremse, aber Heiko ist mir keine Silbe wert.
Gröhlemeier und Maas, das passt. Da haben sich zwei im Geiste gefunden. Richtig ist nur was sie dem Volk einzureden versuchen, meinen sie jedenfalls. Genau dies haben die Nazis auch schon gemacht oder zumindest versucht.