Das Omen

Notre Dame brennt

Ein Symbol des Alten Europa geht in Flammen auf. Unsere Sozialdemokraten versenden die üblichen Herzliches-Beileid-Floskeln, wenigstens notre dame Merkel ist „auch gerne bereit, (...) dass wir gemeinsam an dem Wiederaufbau mitwirken“. Die ARD recherchiert noch.

Alte Scheune brennt gut, dachte ARD-Chefredakteuer Rainald Becker wohl, als die ersten Berichte aus Paris über den Ticker liefen. Das gilt für eine Kirche genauso, und ist noch lange keinen Sonderbericht wert. Außerdem handelt es sich um ein regionales Ereignis.

Selbst als Heiko Maas Betroffenheit twitterte („Die brennende Notre Dame trifft auch uns ins Herz. Unsere Gedanken sind bei allen Einsatzkräften und unseren französischen Freundinnen und Freunden...“) blieb ARD-Chefredakteur Becker dabei: „Gaffer-TV – machen wir nicht!“ Außerdem gilt der deutsche Außenminister in Fachkreisen als Betroffenheitsbot in Ausbildung, der ständig seine gemischten Gefühle in die Welt twittert. Ein Blick auf das Twitterprofil von SPD-Vize Ralf Stegner bestätigte die Zurückhaltung vom ARD-Chefredakteur: Noch lag kein Musiktipp zur Lage von Stegner vor („Burn“ von Deep Purple?), wie es bei wichtigen Fällen üblich ist. Deshalb lief der Brand von Notre Dame bei der gestrigen Tagesschau unter ferner liefen...

Nachdem aber Armin Laschet vom Homeland NRW gestand, er habe Feindsender schauen müssen, weil „Russia Today und Al Jazeera berichten, rechte Hetzer verbreiten erste Verschwörungstheorien und der öffentlich-rechtliche Rundfunk schläft“, wurde es Becker ein wenig mulmig, und er räumte ein, ein ‚Brennpunkt‘ im Ersten wäre wünschenswert gewesen, war aber zu diesem Zeitpunkt „logistisch nicht darstellbar“. Feuer ohne vorherige Anmeldung „logistisch nicht darstellbar“? Vor allem, wenn es nach 17.00 Uhr zu lodern beginnt? Möge Rainald die letzten fünf, sechs Jahre bis zur Rente in Frieden weiterruhen.

Was aber meint Armin mit „rechte Hetzer verbreiten erste Verschwörungstheorien“? Etwa, dass es laut „Direktor des Gotteshauses keine Sicherheitsmängel beim Brandschutz gab“? Sondern, dass im Gegenteil „Brandaufseher drei Mal täglich den Dachstuhl prüfen“? Erstens stand das so in der unverdächtigen Bild, und außerdem ist es noch lange keine Verschwörungstheorie. Bezieht er sich auf einen Bericht von katholisch.net, die über den Brand der zweitgrößten Kirche von Paris schrieben: Fast auf den Tag genau vor einem Monat wurde Saint-Sulpice Opfer eines Brandes, und in dem Fall meldete die Polizei, „das Feuer begann mit einem Haufen Kleidung und Kleidung entzündet sich nicht von selbst“. Wie gesagt, Saint-Sulpice, nicht Notre Dame. Wahrscheinlich hat der Armin alles durcheinandergekriegt.

Während die deutschen Spezialdemokaten sich mit solidarischem Gruß zu allererst um die Menschen kümmerten („Alles Gute den Feuerwehrleuten, die das Pariser Wahrzeichen zu retten versuchen!“, Andrea Nahles), verlor die pragmatische Kanzlerin keine Zeit und verkündete, sie und Deutschland seien „auch gerne bereit, (...) dass wir gemeinsam an dem Wiederaufbau mitwirken, auch mit deutscher Expertise, mit deutscher Erfahrung“. Nun ist es mit dem Ruf der deutschen Expertise und Erfahrung seit dem Berliner Flughafen BER nicht mehr so gut bestellt, und an Geld scheint es auch nicht zu mangeln. Die Modekönige Arnault und Pinault liefern sich bereits einen Spenden-Battle of the Giants, der sich bereits jetzt auf 300 Millionen Euro beläuft.

Dabei geht es nicht um Holz und Steine. So schrieb der gelegentlich zwar Russe, aber im Herzen ewige Franzose Gerard Depardieu, der Brand sei „... ein Unheil, das vom Himmel hereinbricht und unsere Gesellschaft trifft, die immer instabiler wird und kein Fundament hat“. Das ist immer noch die logischste Erklärung für die Katastrophe. Denn dass im 21. Jahrhundert bei Bauarbeiten ein solcher Großbrand ausbrechen kann, ist leichter zu verstehen, wenn man weiß, dass ein paar hundert Kilometer entfernt das Land der Baumeister nicht mal mehr einen Flughafen bauen kann. Die Fundamente bröckeln.

 

 

 

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